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„Auf Kurs“: Herausforderungen und Chancen in der Krankenhauslandschaft

Die deutsche Krankenhauslandschaft steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Die Krankenhausreform soll die Qualität und Effizienz der Gesundheitsversorgung nachhaltig verbessern. Doch sie erfordert auch Anpassungsfähigkeit und Engagement von allen Beteiligten. Wir befinden uns in einer Zeit des Umbruchs, in der Innovation und Kooperation entscheidend sein werden, um die aktuellen Herausforderungen zu bewältigen und die Chancen zu nutzen, die sich aus den neuen Strukturen ergeben können.

Unter dem Leitthema „Auf Kurs“ widmeten sich die Teilnehmer der KHD-Tagung 2024 an zwei Tagen dem Themenkomplex „Führung in wirtschaftlich fordernden Zeiten“.

Die Meta-Ebene: „Gesundheitsversorgung in stürmischen Zeiten“ mit Prof. Dr. Andreas Beivers

Ausgangslage: Herausforderungen in schwierigen Zeiten

Die wirtschaftliche Lage bleibt angespannt. Die Prognosen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland zeigen, dass das Gesundheitssystem weiterhin unter enormem finanziellem Druck steht. Gleichzeitig sehen sich Krankenhäuser mit steigenden Kosten konfrontiert. In diesem Kontext wird die Krankenhausreform durch das BMG als notwendiger Schritt gesehen, um die Effizienz und Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern.

Der Stand der Krankenhausreform

Die Reform zielt darauf ab, die Finanzierung, Organisation und das Leistungsspektrum der Krankenhäuser grundlegend zu verändern. Kernstück ist ein neues Vergütungssystem, das den ökonomischen Druck auf die Kliniken reduzieren soll. Künftig sollen nur noch 40 Prozent der Vergütung durch Fallpauschalen gedeckt werden. Die restlichen 60 Prozent werden für das Vorhalten von Leistungsangeboten wie Personal und Medizintechnik zur Verfügung gestellt.

Neue Vergütungsstrukturen

Eine wesentliche Neuerung ist die Einführung von Leistungsgruppen mit bundeseinheitlichen Qualitätskriterien. Diese sollen sicherstellen, dass Krankenhäuser über die notwendige Ausstattung und das erforderliche Personal verfügen, um qualitativ hochwertige Behandlungen anzubieten. Ein weiterer Aspekt der Reform ist die Schaffung von sektorenübergreifenden Versorgungseinrichtungen, die eine wohnortnahe Versorgung ohne komplizierte Eingriffe gewährleisten sollen.

Transparenz und Qualität

Das geplante Krankenhaustransparenzgesetz verpflichtet das Bundesministerium für Gesundheit, seit dem 1. Mai 2024 ein Transparenzverzeichnis zur Krankenhausbehandlung in Deutschland zu veröffentlichen. Dies soll die Qualität der stationären Versorgung durch mehr Transparenz fördern. Die Daten werden in maschinenlesbarer Form öffentlich zugänglich gemacht und fortlaufend aktualisiert.

Finanzierung und wirtschaftliche Aspekte

Die finanzielle Ausstattung des Gesundheitssystems bleibt ein zentraler Diskussionspunkt. Für das Jahr 2024 werden die Einnahmen des Gesundheitsfonds auf 283 Milliarden Euro geschätzt, während die Ausgaben der Krankenkassen voraussichtlich 314 Milliarden Euro betragen werden.

Große Ideen – große Herausforderungen

Trotz der umfassenden Pläne bleiben viele Fragen offen. Die Einführung von Hybrid-DRGs (Diagnosis Related Groups), die sowohl von ambulanten als auch stationären Leistungserbringern abgerechnet werden können, soll neue Vergütungsanreize schaffen. Doch diese Veränderungen bringen auch bürokratische Herausforderungen mit sich. Die Kombination aus Fallpauschalen, Vorhaltebudgets und Pflegebudgets ist ein „Blindflug“. Zudem sind die Auswirkungen auf die einzelnen Krankenhäuser noch schwer abzuschätzen.

Gesundheitsökonomische Einschätzungen

Experten wie Prof. Dr. Beivers sehen in der Reform sowohl Chancen als auch Risiken. Die neue Struktur soll mehr Effizienz und Qualität in die Versorgung bringen. Doch die Umsetzung der Reform wird als bürokratisch aufwändig eingeschätzt. Es besteht die Gefahr, dass die geplanten Maßnahmen zu einem Wettbewerb mit unterschiedlichen Voraussetzungen führen, was die Fairness gegenüber den Leistungserbringern und Kostenträgern infrage stellt.

EVV weiter „Auf Kurs“ halten

Für die Krankenhäuser und ihre Mitarbeiter bedeutet die Reform eine Phase des Umbruchs, die sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt. Der Erfolg der Reform wird maßgeblich davon abhängen, wie effektiv die neuen Strukturen implementiert und die bürokratischen Hürden gemeistert werden können.

 

 

Perspektive aus der Praxis: „Wirtschaftlichkeit in stürmischen Zeiten: Strategien und Modelle im Krankenhausmanagement“ mit Prof. Dr. Erika Raab

Inmitten der wirtschaftlichen Herausforderungen und zunehmenden Bürokratie steht die Wirtschaftlichkeit von Krankenhäusern mehr denn je im Fokus. Prof. Dr. Erika Raab, Geschäftsführerin der Kreisklinik Groß-Gerau und Vorstandsvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medizincontrolling, präsentierte in ihrem Vortrag eine umfassende Analyse und praktikable Ansätze zur Bewältigung der aktuellen Krisen im Krankenhaussektor.

Ausgangslage: Bürokratie- und Komplexitätswachstum

Die Krankenhauslandschaft in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzehnten erheblich verändert. Verschiedene Kostendämpfungsgesetze und die Einführung des DRG-Systems (Diagnosis Related Groups) haben zu einem enormen Anstieg der bürokratischen Anforderungen geführt. Diese Komplexität wird durch zahlreiche externe Qualitätssicherungen, Mindestmengenregelungen und Einzelfallprüfungen weiter verstärkt.

Case-Study: Kreisklinik Groß-Gerau, das „kleine Gallische Dorf“

Die Kreisklinik Groß-Gerau (KKGG) steht exemplarisch für viele Krankenhäuser in Deutschland, die sich mit den wirtschaftlichen Herausforderungen und den steigenden bürokratischen Anforderungen auseinandersetzen müssen. Prof. Dr. Raab erläuterte die verschiedenen Phasen, die die Klinik durchlaufen hat und präsentierte verschiedene Handlungsoptionen für die Zukunft.

Fazit: Wirtschaftlichkeit als Gamechanger

Die wirtschaftliche Situation von Krankenhäusern bleibt auch in stürmischen Zeiten beherrschbar, wenn innovative Ansätze und effizientes Management genutzt werden. Prof. Dr. Raab betonte, dass die Krankenhausreform zwar zu einer Umverteilung der Gelder führt, jedoch keine zusätzlichen Mittel ins System bringt. Der finanzielle Druck bleibt bestehen, und der Bürokratieaufwand steigt weiter.

Das intersektorale Versorgungszentrum bietet jedoch ein zukunftsweisendes Modell, das durch Kooperationen und flexible Ressourcennutzung sowohl die wirtschaftliche Stabilität als auch die Qualität der Patientenversorgung verbessern kann. Durch die Umsetzung solcher innovativen Modelle können Krankenhäuser den Herausforderungen der heutigen Zeit erfolgreich begegnen.

„Bleibt alles anders: Führungsimpulse für Wandlungsprozesse“ mit Hinrich Mercker

Was bedeutet Führung in Spannungsfeldern? Wie führen die Mitglieder der EVV-Krankenhausdirektorien ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Und wie führen sie sich selbst? Und haben sie sich in jüngster Zeit diese Fragen einmal selbst gestellt?

Gegenwartsfähigkeit – Wie erleben wir die zunehmende Beschleunigung und Verdichtung? Und wie gelingt uns die bewusste Lenkung unserer Aufmerksamkeit?

Selbstführung – Sind wir mit uns selbst befreundet? Welche Werte prägen uns, welche Vorbilder haben uns (wie) beeinflusst? Übernehmen wir Selbstverantwortung?

Resonanz – Sind wir (selbst-)wirksam? Auf welche Resonanz treffen wir? Wie kümmern wir uns um gesundheitsförderliche Arbeitsbedingungen?

Gemeinsinn – Wie schaffen wir Rahmenbedingungen und eine Kultur, in der unsere Teams sich eingeladen und ermutigt fühlen, neue Wege zu gehen?

Lassenskraft – Und worauf lässt sich vielleicht verzichten, um wieder Freiräume für neues und frisches Denken zu gewinnen?

Hinrich Mercker (Coach, Führungskräfte-Berater und Dozent) hat an beiden Veranstaltungstagen Impulse zum Thema Führung und Selbstführung gegeben.

 

Fazit

Der Erfolg in den Krankenhäusern wird davon abhängen, wie gute und zeitgemäße Führung die Mitarbeiter aller Bereiche – von der Pflege über die Medizin bis zur Verwaltung und dem Servicebereich – in die Gesundheitsversorgung von heute und morgen mitnimmt. Konnte die KHD-Tagung 2024 den knapp 60 Teilnehmern hierfür Inspiration geben?

Fotos: EVV / Tennert

Die Krankenhaus Direktorien Tagung des EVV

Einmal im Jahr treffen sich die Mitglieder der Direktorien der 12 Krankenhäuser des Elisabeth Vinzenz Verbundes für zwei Tage an einem Ort, um gemeinsam zu arbeiten, zu diskutieren und um sich untereinander zu vernetzen.

Im Juni 2023 stand die Tagung unter dem Motto „Liebe sei Tat“. Gäste waren Prof. Dr. Jonas Schreyögg, Christine Vogler.

Im Juni 2022 fand die KHD-Tagung erstmalig in der neuen EVV-Geschäftsstelle statt.
Unter dem Motto Aufbruch richtete sich der Fokus der Veranstaltung auf die sektorenübergreifende Versorgung sowie aktuelle und perspektivische ambulante Kompetenzen innerhalb der EVV-Krankenhäuser. Gäste waren Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender BARMER,Rainer Striebel, Vorstandsvorsitzender AOK PLUS sowie Dr. Gerald Gass, Vorstandsvorsitzender DKG e.V.

Im Juni 2021 stand das christliche Profil des EVV thematisch im Mittelpunkt. Gast war hierbei Prof. Dr. Dr. hc. Heribert Prantl mit einer Perspektive auf die Besonderheiten katholischer Krankenhäuser.

 

Strategie, Konzept, Organisation und Veranstaltungsmanagement: Unternehmenskommunikation EVV GmbH

 

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