Schwerpunkt Allgemein, Christliches Profil, Digitalisierung, Medizin im EVV, Menschlichkeit verbindet, Zusammenwachsen
Ein Hämatologisches Zentrum am EKBK Halle (Saale)
Das durch Onkozert zertifizierte Onkologische Zentrum am Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) soll ab der Rezertifizierung im Jahr 2023 ein Hämatologisches Zentrum bekommen.
4 Zentren am EKBK ab 2023
Dies neben den bereits existierenden Zentren (Brustzentrum, Gynäkologisches Krebszentrum und dem dann zertifizierten Viszeralonkologischen Zentrum) als viertes und voraussichtlich vorletztes Zentrum – die Tumore der Lungen stehen noch aus.
Diese fortwährende „Zertifiziererei“ ist nicht (nur😊) in unserem Ehrgeiz begründet, der großen Wand der Zertifikate im Foyer Mauerstraße eine weitere Urkunde hinzuzufügen.
Auch der freundlich ausgeübte Zwang durch Onkozert, dass die Behandlung hämatologischer Tumorerkrankungen nur noch im Rahmen eines Organkrebszentrums anerkannt wird, ist alleine ausschlaggebend. Vielmehr handelt es sich um die konsequente Fortführung des Entwicklungsweges, den wir mit der mit der Erstzertifizierung des Brustzentrums 2005 begonnen haben.
Hämatologie unter Innovationsdruck
Wie in allen Bereichen der Onkologie steht auch die Hämatologie aktuell unter einen enormen Innovationsdruck.
Jedes Jahr werden neue Medikamente zugelassen, neue Therapieformen etabliert und gelingen durch tieferen Einblick in die molekularpathologischen Grundlagen von Tumorentstehung neue Ansätze der Behandlung.
Als einzelne Einrichtung oder als einzelner Mediziner lassen sich diese Neuigkeiten nicht mehr vollständig und folgerichtig in Therapieentscheidungen für die Patienten umsetzen.
Es braucht Netzwerke.
Netzwerke zwischen Krankenhaus und Niedergelassenen
Netzwerke zwischen Krankenhaus und niedergelassener Praxis (bei uns die hämatologische Gemeinschaftspraxis Spohn/Moeller/Appel, mit der uns seit vielen Jahren eine sehr vertraute und kollegiale Zusammenarbeit verbindet), auch mit weiterführenden Einrichtungen wie der Klinik für Innere Medizin IV des Universitätsklinikums, wo seit Jahren die Knochenmarktransplantationen für unsere Patienten durchgeführt werden.
Aber auch Netzwerke mit den diagnostischen Instituten, der Pathologie, Immunologie und auch der Genetik.
Sollen solche Netzwerke funktionieren, sowohl für die Therapieentscheidung am Patienten als auch mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit in der Medizin (die modernen Therapieansätze sind fast ausnahmslos hochpreisig und werden deshalb vom MDK akribisch geprüft), müssen wir Standards schaffen, Ablaufpläne erstellen und Therapiealgorithmen erstellen.
Und genau diese Standards, Ablaufpläne und Therapiealgorithmen sind das zentrale Thema der Zertifizierung.
Das heißt: Wenn wir sie ohnehin für uns festlegen müssen, dann können wir uns damit auch einer Zertifizierung stellen.
Big Data in der Medizin
Eine solche Vielzahl an Beteiligten schafft natürlich auch eine Vielzahl an Informationen. „Big Data“ ist schon lange nicht mehr nur das Problem der Geheimdienste, sondern auch der Medizin.
Auch wenn Computerprogramme wie zum Beispiel das Gießener Tumordokumentationssystem GTDS uns bei der Datenbewältigung helfen, sind es nach wie vor Menschen, welche diese Informationen eingeben, sortieren und verständlich machen.
Unsere Tumordokumentarinnen um Kathleen Riedel schaffen es jede Woche wie die Heinzelmännchen im Märchen, alle diese Informationen zu sortieren, Fehler zu beheben und fehlende Informationen einzuholen.
Alles, um die Informationen lesbar und sinnvoll geordnet zur Tumorkonferenz parat zu haben und dort Therapieentscheidungen zu treffen.
Die Tumorkonferenz ist nicht zu Unrecht das Herzstück eines jeden Krebszentrums.
Effizienzsteigerung ist gefordert?
Der Anspruch einer Zertifizierung geht aber noch weit darüber hinaus. Mit der Maßgabe der Effizienzsteigerung, politisch als „Wirtschaftlichkeitsreserven im Gesundheitswesen“ deklariert, sehen wir uns bereits seit Jahrzehnten konfrontiert.
Wir können immer wieder die oben erwähnten Protokolle auf Optimierungsmöglichkeiten überprüfen und effizienter gestalten – aber wir können die psychologischen Prozesse, welche in den von einer Krebserkrankung betroffenen Patienten ablaufen, nicht beschleunigen.
Zu Recht fordert Onkozert hier die frühzeitige Einbindung von Psychoonkologen für alle Krebspatienten und verlangt den Nachweis eines funktionierenden Netzwerkes der Palliativmedizin, des Sozialdienstes.
Wesenskern als christliches Krankenhaus
Dieser Anspruch, dass wir uns den betroffenen Patienten und den betroffenen Angehörigen mit dem von ihnen vorgegebenen Tempo des Verstehens stellen und versuchen, sie mit ihrer Trauer und Wut, aber auch mit ihrer Verdrängung einer existentiell bedrohenden Situation nicht allein zu lassen – das ist für uns nach wie vor der Wesenskern eines christlichen Krankenhauses.
Und dazu brauchte es Netzwerke. Netzwerke mit den Pflegenden – denn sie sind der erste Ansprechpartner für alles Nichtverstandene aus der ärztlichen Visite, aber auch den Psychoonkologen, Palliativmedizinern, der Seelsorge und dem Sozialdienst.
Gerade die rechtzeitige Einbindung dieser, neudeutsch wohl als „Supporter“ bezeichneten Kräfte ermöglicht es, den Patienten die Hilfen zu geben, die sie zur Bewältigung der immer auch als Lebenskrise sich darstellenden Diagnose Krebs zu bewältigen.
Beitrag aus der April-Ausgabe des Mitarbeitermagazins „Hundert Prozent am Puls“ des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale).
Autoren: Oberärztin Anett Krziwanie und Oberarzt Dr. Bernhard Opitz
Oberärztin Anett Krziwanie
Oberarzt Dr. med. Bernhard Opitz
alle Fotos: Marco Warmuth