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Krankenhausplanung im neuen Gewand: Was sind Leistungsgruppen?

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) führt Leistungsgruppen ein, um die Qualität und Transparenz in der stationären Versorgung durch spezifische Qualitätskriterien zu erhöhen. Diese Leistungsgruppen kategorisieren medizinische Leistungen und definieren Mindestvoraussetzungen, die Krankenhäuser erfüllen müssen, um bestimmte Behandlungen anbieten zu dürfen.

Grundlagen der Krankenhausplanung in Deutschland

§1 Abs. 1, Grundsatz des KHG, gibt vor, dass das Gesetz eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten hat1. Im Übrigen obliegt Krankenhausplanung in Deutschland den Bundesländern. Diese haben zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderung Krankenhaus- und Investitionspläne aufzustellen. Mit Aufnahme eines Krankenhauses in den Landeskrankenhausplan ist das Krankenhaus berechtigt, gesetzlich Versicherte zu behandeln2. Die Planung erfolgte in vielen Bundesländern
nach Bettenzahl, Versorgungsstufen, Fachgebieten und Schwerpunkten3.

Einführung der Leistungsgruppen im Krankenhauswesen

Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), das Ende 2024 verabschiedet worden ist, führt das Konzept der Leistungsgruppen ein, um die Qualität und Transparenz in der stationären Versorgung zu erhöhen. Diese Leistungsgruppen (LG) kategorisieren medizinische Leistungen und definieren spezifische Qualitätskriterien, die Krankenhäuser erfüllen müssen, um bestimmte Behandlungen anbieten und abrechnen zu dürfen. Damit wird die Bedarfsplanung nach Betten und Fachabteilungen aufgegeben. Die leistungsorientierte Züricher Krankenhausplanung ist das Vorbild der zunächst in NRW für die Planung verwendeten Leistungsgruppen (60 LG), die später, in modifizierter Form, vom Bund (65 LG) übernommen wurden4.

Wegweisend für die Etablierung von Leistungsgruppen war die im Koalitionsvertrag vorgesehene Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung. In ihrer dritten Empfehlung schlägt sie die Einrichtung von 128 Leitungsgruppen vor5.

Definition und Zielsetzung der Leistungsgruppen

Leistungsgruppen sind Kategorien medizinischer Leistungen, die anhand von Diagnose- und Prozedurenschlüsseln sowie weiteren Kriterien wie Altersgruppen und Fachabteilungsschlüsseln definiert werden. Sie sollen sicherstellen, dass Behandlungen nur in Einrichtungen durchgeführt werden, die die erforderlichen strukturellen, personellen und technischen Voraussetzungen erfüllen. Dadurch wird die Behandlungsqualität gesteigert und die Patientensicherheit erhöht. Die Parallelen zu den Strukturanforderungen der Komplexbehandlungen (StrOPS-Prüfungen) sind unverkennbar und beabsichtigt.

Qualitätskriterien und Mindestvoraussetzungen

Für jede Leistungsgruppe wurden spezifische Qualitätskriterien festgelegt, die als infrastrukturelle Mindestvoraussetzungen gelten. Diese umfassen:

  • Erbringung verwandter Leistungsgruppen:
    Sicherstellung eines umfassenden Leistungsspektrums.
  • Sachliche Ausstattung:
    Verfügbarkeit der notwendigen medizinisch-technischen Geräte und Infrastruktur.
  • Personelle Ausstattung:
    Vorhandensein qualifizierten Fachpersonals in ausreichender Anzahl.
  • Struktur- und Prozesskriterien:
    Etablierung standardisierter Abläufe und Organisationsstrukturen, z.B. PpUGV, G-BA Richtlinien.
    Für die Leistungsgruppe 1, Allgemeine Innere Medizin, sind die untenstehenden Mindestanforderungen (roter Kasten) und die Auswahlkriterien (blauer Kasten) exemplarisch gezeigt.
    Krankenhäuser müssen sich auf Leistungsgruppen bei der Planungsbehörde „bewerben“.
    Sollten mehrere Krankenhäuser die Mindestanforderungen erfüllen, werden die Auswahlkriterien quasi als Zünglein an der Waage verwendet, um den Zuschlag zu erteilen.

 

Bei der Betrachtung der Auswahlkriterien fällt auf, dass mehrere verwandte Leitungsgruppen am Standort erforderlich werden. Diese Abhängigkeit der LG untereinander birgt das Risiko, beim Entfallen einer solchen LG weitere, abhängige Leitungsgruppen ebenfalls zu verlieren, da Auswahlkriterien oder auch Mindestanforderungen nicht erfüllt sind. Es entsteht quasi ein Dominoeffekt6.

Komplexer wird die Erfüllung spezieller Leistungsgruppen wie z.B. der LG 41, Senologie. Insbesondere die Erfüllung der Auswahlkriterien kann das Erreichen der angestrebten Leistungsgruppe erschweren. Die Einhaltung dieser Kriterien wird im Vorfeld durch den Medizinischen Dienst (MD) überprüft und ist Grundlage für die Entscheidung der Planungsbehörde.

Aktuelle Entwicklungen und Ausblick

Die Zuordnung der Fälle eines Krankenhauses zu den LG erfolgt über den Leistungsgruppen-Grouper, eine Software, die nach komplexen Regeln eine entsprechende Zuweisung vornimmt. Ein 12.000-seitiges Handbuch lässt die Komplexität erahnen. Es wird entscheidend wichtig sein, zu verstehen, wie die Zuordnung erfolgt und was die Krankenhäuser tun müssen, um die definierten Qualitätskriterien zu erfüllen und ihre Strukturen entsprechend anzupassen. Es wird erwartet, dass die vollständige Implementierung der Leistungsgruppen und der damit verbundenen Finanzierungsmechanismen bis 2027 abgeschlossen ist.

Auswirkungen der Leistungsgruppen auf Finanzierung und Versorgung

Während dieser Übergangsphase sind weitere Anpassungen und Konkretisierungen der Qualitätskriterien sowie der Zuordnungsalgorithmen möglich, um eine optimale Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Insgesamt stellt die Einführung der Leistungsgruppen durch das KHVVG einen bedeutenden Schritt zur Verbesserung der stationären Gesundheitsversorgung in Deutschland dar, indem sie Qualität, Transparenz und finanzielle Stabilität fördert.

Die Einführung der Leistungsgruppen wird zudem direkte Auswirkungen auf die Finanzierung der Krankenhäuser haben. Ab 2027 wird ein Teil der Krankenhausvergütung als Vorhaltepauschale gewährt, die sich an den zugewiesenen Leistungsgruppen orientiert. Dies bedeutet, dass Krankenhäuser für das Vorhalten bestimmter Leistungen finanziell unterstützt werden, unabhängig von der tatsächlichen Fallzahl. Ziel ist es, den ökonomischen Druck zu reduzieren und eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. DRGs wird es aber auch zukünftig geben.

Eine Abkehr von der fallzahlabhängigen Vergütung hingegen wird es im neuen System nicht geben. Die Beantragung der Leistungsgruppen wird nicht einheitlich erfolgen. Alle Bundesländer haben verschiedene Zeitschienen für die Krankenhausplanung aufgesetzt. In Sachsen-Anhalt gehen wir davon aus, dass die notwendige Abstimmung mit der Planungsbehörde im zweiten und dritten Quartal 2025 erfolgen wird.

 

 

Foto: Marco Warmuth

Beitrag von Dr. med. Dirk Schaper, Chefarzt und Leiter des Bereichs Medizinmanagement Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale) aus der „100% am Puls“, Mitarbeitermagazin des Krankenhauses St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale), Ausgabe 01, Januar – März 2025

 

Quellen:

1 https://www.gesetze-im-internet.de/khg/BJNR010090972.html , letzter Abruf 10.02.2025
2 https://www.dkgev.de/themen/versorgung-struktur/planung/ , letzter Abruf 11.02.2025
3 Roeder, N., Fiori, W., Bunzemeier, H: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – Große Reform der Krankenhausstrukturen?, https://derkrankenhaus-justitiar.de/aktuelles/das-krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz-grosse-reform-der-krankenhausstrukturen , letzter Abruf 13.02.2025
4 Kurz, C.: Krankenhausreform – Die Schweizer machen es vor. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 120 | Heft 17 | 28. April 2023
5 https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/3_Downloads/K/Krankenhausreform/3te_Stellungnahme_Regierungskommission_Grundlegende_Reform_KH-Verguetung_6_Dez_2022_mit_Tab-anhang.pdf , letzter Abruf 01.02.2025
6 Roeder, N., Fiori, W., Bunzemeier, H: Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz – Große Reform der Krankenhausstrukturen?, https://derkrankenhaus-justitiar.de/aktuelles/das-krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz-grosse-reform-der-krankenhausstrukturen , letzter Abruf 13.02.2025

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