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Die heilige Elisabeth – eine Influencerin?

Vor gut 800 Jahren zog die junge Landgräfin Elisabeth von Thüringen alle Register des Influencing: markante Bekenntnisse, kombiniert mit einem konsequenten Lebensstil, provokant öffentlich gezeigt. Und bis heute gewinnt sie weltweit Follower.

Influencerin vor 800 Jahren?

Heute würde man Elisabeth von Thüringen wohl einen Hang zur Selbstdarstellung attestieren: eine Adelige, die nur isst, was unter fairen Bedingungen produziert wurde, die regelmäßig in sozialen Brennpunkten auftaucht und die offensiv unter dem Label Jesus Christus postet.

Das war außergewöhnlich. Auch wenn zu dieser Zeit christliche Armutsbewegungen einen Trend bildeten, war diese gezielte öffentliche Inszenierung als Einzelperson – nicht als gemeinschaftliche Initiative – für eine Frau einzigartig. Elisabeth erfüllte die wesentlichen Voraussetzungen einer Influencer-Persönlichkeit: Autorität, Konsistenz, Sympathie.

Sie kreiert starke Bilder, indem sie ihren persönlichen Schmuck verschenkt oder Kranke eigenhändig wäscht. Da sie sich selbst am meisten Verzicht und Selbstkasteiung aufbürdet, erbringt sie den sogenannten sozialen Beweis, der Influencer glaubwürdig macht.

Auch die Reziprozität ist bei Elisabeth zu finden, ermuntert sie ihre Follower doch mit Nachdruck dazu, selbst ein frommes Leben zu führen.

Und hätte ihr Ehemann sie nicht gesponsert, wäre sie wohl kaum so bekannt geworden.

Zahllose Menschen haben sich über die Jahrhunderte mit dieser Heiligen, mit ihrer Zuwendung zu den Bedürftigen und ihrer radikalen Suche nach einem gottgefälligen Leben identifiziert. Zu ihnen gehören auch die Schwestern von der Heiligen Elisabeth.

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Und was denken Elisabethschwestern?

Frage: Welchen Einfluss hat die Heilige Elisabeth auf Ihr Leben?

Sr. M. Dominika: Einfluss im Sinne von Prägung? Ich weiß es nicht, hoffe es aber. Worin mir diese Heiligen aber eine stets neue Herausforderung ist, das ist ihr Mut, Gott und Gottes Wort ernst zu nehmen. Und das sowohl im Blick auf das, was Gott uns anbietet: seine Nähe, seine Freundschaft, seine Führung. Als auch im Blick auf das, was er von uns erwartet: die Bereitschaft zum Teilen, den Willen, den Schwachen zu dienen und mit den Armen solidarisch zu sein. Sie wusste sich zutiefst beschenkt und konnte sich daher großzügig selbst verschenken.

Sr. M. Dominika Kinder
Kongregation der Schwestern von der hl. Elisabeth
Kuratoriumsvorsitzende der KWA und stellv. Aufsichtsratsvorsitzende des EVV 

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„Für mich war Elisabeth schon immer faszinierend. So lebendig und lebensnah. Sie liebte leidenschaftlich und tief. Jesus Christus und auch ihren Mann Ludwig. Nach einer Nacht im Gebet sagte sie zu einer ihrer Dienerinnen: ,Du sollst wissen, dass ich sehr glücklich war.‘

Sie war temperamentvoll und konnte gut reiten. Sie hatte Mut, Widerstand zu leisten gegen Ausbeutung und Unterdrückung und beantwortete diese Erfahrungen in ihrem Leben mit Verzicht und verteilte ihr eigenes Hab und Gut und auch die Reserven der Burg bei einer Hungersnot. Sie fürchtete sich nicht vor dem Tod.“

Schwester M. Antonia Scholz, Seelsorgerin am St. Joseph Stift Dresden

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#gerechtigkeitundbarmherzigkeit

Landgräfin Elisabeth lernte auch die dunklen Seiten der öffentlichen Aufmerksamkeit kennen.

Ihr geistlicher Lehrer, Konrad von Marburg, versuchte, sie zu seinem Geschöpf zu machen, und isolierte sie von Freundinnen und Familie. Und insbesondere nach dem Tod ihres Ehemannes erlebte Elisabeth massive Hate Speech seitens derer, die ihr soziales Engagement, ihre Frömmigkeit oder auch ihr Verhältnis zu ihrem geistlichen Lehrer unangemessen fanden. Ihr Schwager sprach ihr die Zurechnungsfähigkeit ab und entzog ihr ihr Vermögen.

Und heute? Der historischen Elisabeth von Thüringen gerecht zu werden, ähnelt dem fast unmöglichen Unterfangen, den Menschen hinter einem Instagram-Star zu erfassen.

Doch sich von ihrer Suche nach einem guten Leben, von ihrem Gerechtigkeitssinn und ihrem Herz für die Bedürftigen berühren zu lassen, lohnt.

 

 

Brot und Rosen …

… sind die Erkennungszeichen der heiligen Elisabeth. Die Legende vom Rosenwunder erzählt, wie sich das Brot, das Elisabeth trotz Verbots zu den Armen trug, in Rosen verwandelte, als ihr Schwager sie beim Verlassen der Burg kontrollierte.

Rosen –
eine Tarnung für das Brot,
das zu verschenken dir andere missgönnten.

Rosen –
eine Enttarnung der Liebe
in jedem Brot, das du verschenktest.

Das Wunder –
ein Geschenk Gottes an dich,
dich zu nähren:
Rosen
sind Gottes Brot für die Seele.

 

Ein Beitrag zum Elisabeth-Tag 2022 von Cäcilia Branz, Leiterin Fachbereich Christliches Profil im Elisabeth Vinzenz Verbund

Portrait Cäcila Branz und Sr. M. Dominika: EVV / Manuel Tennert

Portrait Sr. M. Antonia: Pixelschieber

Illustration BrotRose: vonerot Grafik

Fotos im Beitrag: Cäcilia Branz

lllustration Elisabeth von Thüringen im Comic-Stil: Letty Felgendreher

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