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Bauchspeicheldrüsenkrebs
Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs haben keine gute Überlebenschance. Prof. Dr. Moritz Kleine, Chefarzt der Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie und der Koloproktologie, und Dr. Armin Meister, Chefarzt der Gastroenterologie, erläutern die therapeutischen Möglichkeiten im Krankenhausmagazin des Vinzenzkrankenhauses Hannover.
Das Pankreaskarzinom: eine Herausforderung für die Medizin
Im hinteren Teil der Bauchhöhle, quer hinter dem Magen zwischen Milz und Zwölffingerdarm, liegt die Bauchspeicheldrüse – auch Pankreas genannt. Sie ist eine der größten Drüsen im menschlichen Körper und hat zwei Funktionen: die Bildung des Hormons Insulin zur Regulierung des Blutzuckers sowie die Produktion von Verdauungssäften, die notwendig sind für die Aufschlüsselung und Zerkleinerung der Nahrung im Darm. Jährlich erkranken etwa 19.000 Menschen in Deutschland an einem Pankreaskarzinom. Betroffen von dieser bösartigen Krebserkrankung kung sind vor allem Menschen über 80 Jahren. Symptome wie zum Beispiel ein schmerzloser Ikterus (Gelbfärbung der Augen und der Haut), Gewichtsverlust oder unspezifische Oberbauchschmerzen treten relativ spät auf, wodurch das Karzinom oft nicht mehr operabel ist. Die Fünfjahresüberlebensrate liegt nur bei circa zehn Prozent.
Minimalinvasive Eingriffe finden auch an der Bauchspeicheldrüse statt
Auch angrenzende Organe betroffen
„Die Chirurgie ist weiterhin das einzige potenziell kurative Therapieverfahren. Beim Karzinom des Pankreaskopfes – dem rechtsseitigen Teil der Bauchspeicheldrüse – ist eine Entfernung von Pankreaskopf, Zwölffingerdarm, Gallenblase und Gallenwegen sowie in einigen Fällen eines Teils des Magens erforderlich (Whipple-OP). Bei Karzinomen des Pankreaskorpus und -schwanzes hingegen ist eine sogenannte Linksresektion erforderlich. Hierbei werden nur die linksseitige Bauchspeicheldrüse und die Milz entfernt. Die alleinige Chemotherapie ist nur bei nicht operablen oder metastasierten Erkrankungen indiziert“, erklärt Prof. Dr. Kleine.
Früherkennungsuntersuchungen gibt es bislang nicht. Ein Risikofaktor ist eine chronische Entzündung des Pankreas, die unter anderem auf einen übermäßigen Konsum von Alkohol, eine Autoimmunerkrankung oder Medikamente zurückzuführen sein kann.
„Entscheidend in der Diagnostik ist die Sonografie. Sie trägt dazu bei, dass immer mehr gutartige Erkrankungen und zystische Erkrankungen frühzeitig identifiziert werden, die ansonsten bösartig werden könnten“, erläutert Dr. Meister.
Bildgebende Verfahren: Zunehmend werden prophylaktisch noch nicht bösartige Pankreaszysten operiert
Pankreaschirurgie
Patientinnen und Patienten finden ihren Weg ins Vinzenz entweder über die Notaufnahme oder nach Überweisung von niedergelassenen Gastroenterologen, Onkologen oder Hausärzten zur Zweitmeinung Aufgrund der schlechten Überlebensrate nach Diagnose eines Pankreaskarzinoms wurden in den letzten Jahren zunehmend auch gutartige zystische Veränderungen des Pankreas operiert, da davon auszugehen ist, dass sich ein Teil der Pankreaskarzinome auf dem Boden dieser speziellen zystischen Formationen entwickelt.
„Zur Unterscheidung dieser Störungen der Bauchspeicheldrüse wurden nationale und internationale Leitlinien entwickelt, die allerdings die klinische Erfahrung nicht ersetzen können. Daher ist es vor einer großen OP an der Bauchspeicheldrüse ratsam, eine Zweitmeinung einzuholen“, sagt Prof. Dr. Kleine.
Wird der Pankreaskopf entfernt, dauert eine Operation etwa dreieinhalb Stunden, für eine Linksresektion sind etwa zweieinhalb Stunden nötig. Die Rekonstruktion bei der Pankreaskopfentfernung beinhaltet, eine neue Verbindung zwischen Pankreas und Dünndarm, Gallengang und Dünndarm sowie Magenausgang und Dünndarm anzulegen.
Direkt nach der OP erfolgt eine Überwachung auf der Intensivstation. Der gesamte Krankenhausaufenthalt umfasst rund zwölf Tage. In den letzten Jahren wurde auch im Bereich der Pankreaschirurgie die minimalinvasive Chirurgie eingeführt, wodurch sich allerdings die OP-Zeiten verdoppeln.
Prof. Dr. Kleine: „Die minimalinvasive Pankreaslinksresektion wird regelhaft bei uns durchgeführt, auch die sehr viel aufwendigere minimalinvasive Pankreaskopfresektion (Whipple-OP) haben wir schon per Schlüssellochchirurgie durchgeführt. Der Einsatz des OP-Roboters Da Vinci bei Pankreaseingriffen hat bisher noch zu keinen verbesserten Ergebnissen geführt, ist in Zukunft aber auch vorgesehen.“
Diagnose mit schlechter Prognose: Früherkennung ist entscheidend
Grenzen der Chirurgie
Prof. Dr. Moritz Kleine hat sich bewusst für die Pankreaschirurgie entschieden: „Chirurgie an der Bauchspeicheldrüse ist herausfordernd und technisch anspruchsvoll und die einzige Möglichkeit, ein Pankreaskarzinom komplett zu entfernen.“ Die Lernkurve in der Pankreaschirurgie ist relativ flach, da die Fallzahlen pro Operateur häufig gering sind. Typischerweise erfolgt die Weiterbildung zur Pankreaschirurgie nur im Rahmen der Weiterbildung zum speziellen Viszeralchirurgen, die sich an den Facharzt für Viszeralchirurgie anschließt.
Mit Blick auf die chirurgischen Therapien hat sich vor allem die operative Radikalität weiter verbessert. So können neben der entscheidenden Operation vielfältige Therapiekonzepte mit zugleich prä- und postoperativer Chemotherapie und/oder Strahlentherapie zur Verbesserung der Überlebenschance beitragen. Trotzdem seien komplizierte Verläufe auch bei erfolgreichen Therapien nicht auszuschließen.
„Während einer Operation stellen sich ungefähr zehn Prozent der Patienten als inoperabel heraus, da eine Krebsabsiedlung am Bauchfell oder in der Leber vorliegt. Diese Situationen zeigen einem immer wieder die Grenzen der Chirurgie auf und machen einen immer wieder nachdenklich“, sagt Prof. Dr. Kleine.
In gemeinsamen Gesprächen wird den Patienten interdisziplinär Trost, Hoffnung und Unterstützung bei der Organisation von palliativen Therapien angeboten.
Zertifiziertes Pankreaszentrum
2021 hat Prof. Dr. Kleine die Chefarztposition der Allgemein-, Viszeral und Gefäßchirurgie und der Koloproktologie übernommen. „Seitdem haben wir über 70 Patientinnen und Patienten an der Bauchspeicheldrüse operiert. Die Nachfrage steigt, die Fallzahlen nehmen zu. Dies liegt unter anderem an der hohen Patienten- und Zuweiserzufriedenheit. Unser Ziel ist es, eines der größten Pankreaszentren der Region Hannover zu werden, nicht nur wegen der hohen Fallzahlen, sondern auch wegen der optimierten onkologischen Abläufe. Dazu bereiten wir gerade den Zertifizierungsprozess nach den Vorgaben der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG) vor.“
Beitrag aus dem Krankenhausmagazin Das Vinzenz, Winter 2023
Redaktion: Ulrike Wiedemann, Leiterin Unternehmenskommunikation Vinzenzkrankenhaus Hannover
Fotos: Roman Pawlowski